Krieg den deutschen Zuständen
Wer sich die Parole Nie wieder Deutschland auf die Fahnen
schreibt, ist uns erst einmal sympathisch. Ebenso sympathisch sind uns
Demonstrationen gegen Deutschland. Allerdings ist es mit einem markigen
Schlachtruf längst noch nicht getan.(1)
Je öfter seitens der deutschen Linken Kritik an
Deutschland laut wird, desto nachdrücklicher sollte man sich erkundigen,
was ihnen dieses Deutschland denn bedeute. Nicht, dass sich der
Antiimperialismus unter dem Deckmäntelchen antideutscher Parolen
versteckt; heute gegen Deutschland und morgen wieder gegen die USA und Israel
demonstriert. Die Parole Nie wieder Deutschland wird dann zur
Lüge, wenn sie den Begriff Deutschland nicht vor allem als
barbarische Krisenbewältigung denkt, die vom unerreichbar scheinenden
individuellen Glück sich abwendet und es zu vernichten sucht. Das
verleugnete Glück erscheint dann in verzerrter Form als egoistische
Habgier, böswillige Ausbeutung und mysteriöse Allmacht an den
Juden, als vermeintliche Inkarnation all dessen, wird es bekämpft.
Auschwitz ist Synonym für den schrecklichen Höhepunkt dieses Wahns
geworden. Damit ist es der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Nie wieder
Deutschland. Zugleich wird der Imperativ Denken und Handeln so
einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches
geschehe zum Maß einer jeden Kritik an den bestehenden
Verhältnissen:
Auschwitz war weder ein absoluter Bruch mit der kapitalistischen Gesellschaft,
noch deren Fortführung es war beides. Dies kann nur verstehen, wer
sowohl eine Kritik der politischen Ökonomie übt, als auch deren
immanente Tendenz zur Selbstaufhebung erkennt dass also das automatische
Subjekt Kapital die Menschen mehr und mehr zu Automaten degradiert und ihrer
Subjektivität beraubt und dass diese Erkalteten im Zustand völliger
Ohnmacht überschnappen und sich im blutigen Kollektiv an halluzinierten
inneren und äußeren Feinden, letztlich an den Juden,
unaufhörlich abreagieren. Somit ist eine Kritik am Kapital, will sie die
völkische Barbarei nicht ausblenden, auf eine spezifische an deutscher
Krisenbewältigung angewiesen. Und umgekehrt muss eine Kritik an
Deutschland auf die kapitalistische Gesellschaft verweisen alles andere
ist Ideologie.
Im Sinne dieser Dialektik sollte man darum nicht so kopflos rebellisch sein,
das Fünkchen Hoffnung auf Emanzipation, dass die bürgerliche
Gesellschaft in sich birgt, zu bestreiten. Dieses Fünkchen speist sich
noch heute aus den bürgerlichen Revolutionen, deren Umwälzungen Marx
im Kapital beschreibt: Alles Ständische und Stehende verdampft,
alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre
Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen
anzusehen. Marx hegte die Hoffnung, der vom Kapital gestiftete Zwang zum
rationellen Denken würde zusammen mit dem bürgerlichen Streben nach
persönlichem Glück zu jenem Verein freier Menschen
führen: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen
Bedürfnissen. Doch die Geschichte ist keine Einbahnstraße zum
Paradies. Walter Benjamin wusste dies schon vor der industriellen
Menschenvernichtung durch die Deutschen, als er über den Engel der
Geschichte schrieb: Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo
eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige
Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und
sie ihm vor die Füße schleudert. Ein Ausbruch aus dieser
Katastrophe wäre eine Sprengung von innen. Die bürgerliche
Aufklärung, historisch gewordene Voraussetzung für den Kommunismus,
muss gegen sich selbst gewendet werden. Nur so kann das von ihr in
kapitalistischer Form fortgeführte Elend durchbrochen werden.
Heute allerdings ist selbst das progressive Element der Aufklärung in
Gefahr. Das selbstbezogene Streben nach Glück des Individuums verkehrt
sich in ein selbstvergessenes Rasen des Kollektivs. Nicht nur die deutsche
Geschichte legt davon Zeugnis ab, sondern heute vor allem auch die
islamistische Ideologie mit ihrem aggressiven Antisemitismus und ihrer
Elendsverherrlichung. Dagegen stellt das, was hierzulande unter westliche
Werte firmiert, das Bessere da. Es ist nicht zufällig, dass die
westlichen Werte in Deutschland meist diffamiert werden als
Werte, die anderen Kulturen aufgezwungen werden sollen, die also im Grunde
eurozentristisch und rassistisch seien. Denn Deutschland darf sich getrost zu
den Ländern zählen, denen jene westlichen Werte
aufgezwungen wurden. Und das war auch gut so, dass die Alliierten den
nazistischen Deutschen die Zivilisation militärisch aufzwangen. Dennoch
fordern gerade Linke immer wieder gern Krieg dürfe kein Mittel der
Politik sein und noch jede dämliche Volksgruppe(2) sei gegen die
westlichen Werte zu beschützen. Wer so redet, hat zwar das Zeug zum
Friedensnobelpreisträger á la Arafat, jedoch nichts von
islamistischer Ideologie verstanden, die im Kern ihrem deutschen Pendent in
nichts nachsteht möglichst viele Juden zu töten.
Erst kürzlich veröffentlichte die französische Organisation
Alliance Internationale pour la Justice eine Liste von Verbrechen,
die seit der Machtergreifung Husseins begangen wurden:
Unabhängig von Krieg und Embargo seien seit 1979 fünf Prozent der
Bevölkerung, d.h. über eine Million Menschen durch den staatlichen
Terror zu Tode gekommen weitere 1,5 Millionen wurden zwangsweise
umgesiedelt.
Die Zeitschrift Konkret beruft sich auf Aussagen irakischer
Oppositioneller und berichtet von den Wirtschaftssanktionen gegen den Irak: Das
Regime rechtfertigt Folter und Hinrichtungen gegenüber dem
UN-Menschenrechtsausschuss mit der Kriminalität infolge der Sanktionen und
hungert die nichtverwertbare Bevölkerung aus, während Milliarden in
die Wiederaufrüstung des Landes gesteckt werden.
Das brutale Vorgehen des Hussein-Regimes ist nicht neu. So wurde Giftgas nicht
nur gegen Feindmächte eingesetzt, sondern auch gegen die eigene kurdische
Bevölkerung im Norden des Landes. 1987 fanden 50 Giftgasangriffe gegen
kurdische Dörfer statt. 1988 folgte dann der größte
Giftgasangriff seit dem Ersten Weltkrieg gegen das kurdische Dorf Halabja.
Finanziert wurde der Irak nicht zuletzt von Deutschland Teile der
Giftgasproduktion wurden sogar von deutschen Firmen bewerkstelligt, die gerade
in Sachen Giftgas bekanntlich deutsche Wertarbeit leisten. Die Erleichterung
des Technologietransfers zwischen Deutschland und Irak, welcher der irakischen
Waffenproduktion dienlich war, fällt auch in diese Zeit. Federführend
war hier der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Antisemit und
Israelhasser Jürgen W. Möllemann. Der wusste schon damals, wem er im
Kampf gegen Israel vertrauen konnte Hussein. Und dieser schickte auch
wenig später im zweiten Golfkrieg Scud-Raketen gegen Israel und drohte
damit, die folgenden Raketen mit Giftgas zu bestücken. Wer von
islamistischer Bewegung und irakischem Nationalismus nicht reden will, soll
auch von den US-Interventionen schweigen.
Der Kampf gegen die Interventionen der USA heute ist unabänderlich der
Kampf für den Frieden mit der islamistischen Gesellschaft. Dieser Frieden,
ist der Frieden der Gewalt (säkulare) Opposition ist verboten,
Frauen werden bevormundet und mit Schleiern verhüllt, Askese ist Gebot und
Ehebruch wird durch Steinigung bestraft.
Insofern sind die scheinbar auf Frieden zielenden Argumente der deutschen
Linken, das glatte Gegenteil. Sie verdrängen, dass in den islamischen
Ländern Krieg in Permanenz herrscht: Krieg gegen Homosexuelle und
Menschen, die sich den islamischen Geboten widersetzen, Krieg gegen die
individuelle Entfaltung, gegen Lust und zweckfreien Genuss, bisweilen gegen
religiöse Minderheiten und gegen politische Opposition vor allem
aber ein Krieg gegen Juden. Ein Krieg, der alle Versuchung nach eigenem
Glück als teuflische Verlockungen des dekadenten Westens und ein
halluziniertes jüdisches Prinzip bekämpfen will. Ein Krieg also, der
die eigene Bevölkerung, ob Willens oder nicht, in einem stumpfsinnigen
Leben nach den unhinterfragbaren Geboten Gottes halten will. Und ein Krieg, der
im Staat Israel, als Versinnbildlichung alles Verhassten, seinen direkten Feind
ausgemacht hat. Ein islamisch-antisemitischer Krieg.
Diesem Krieg wäre Einhalt zu gebieten, statt über Missachtung der UNO
seitens der USA zu schwadronieren als säßen in der UNO nicht
mehrheitlich die Vertreter dieser islamischen Mörderbanden als
verurteilten die UN Israel nicht wieder und wieder als rassistischen und
aggressiven Staat als würde also die UNO unabhängig jeglicher
Ideologie ihre Entscheidungen treffen und nicht längst Partei gegen Israel
ergriffen haben. Wir werden unsere Position zu etwaigen
Militätinterventionen der USA weder von irgendeinem UN-Beschluss, noch von
der Stimmungslage der deutschen Linken abhängig machen. Wer Kommunismus
will, muss dessen Voraussetzung verteidigen und die verkörpern
heute Israel und die USA. Israel als bewaffneter jüdischer Staat,
Konsequenz aus dem Scheitern des bürgerlichen Emanzipationsversprechens,
der gescheiterten kommunistischen Revolutionen und verspätete Notwehr
gegen die Deutschen. Die USA als weitgehend intakte bürgerliche Nation,
die ihre Interessen(3) im Nahen Osten vertritt und damit gegen den
Islamismus vorgeht, was sie zum Verbündeten Israels macht. Diese
militärische Hilfe kann, zumal nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, gar
nicht hoch genug geschätzt werden. Denn der nach Vernichtung trachtende
Antisemitismus kann nun gänzlich ungezügelt gegen Israel
anstürmen und er tut es, derzeit in der zweiten Intifada, welche
die tiefe Solidarität, nicht nur der islamischen Länder
genießt.
Gerhard Schröder hat mit seiner antiamerikanischen und auf den Irak
bezogen antiinterventionistischen Wahlkampfmobilisierung nicht nur Stimmen
gewinnen wollen. Bereits während der israelischen Offensive im
Frühjahr spekulierte er öffentlich über deutsche Soldaten in
Israel freilich im Rahmen einer UN-Friedensmission. Gerade deshalb ist
den USA bei einem Kampf gegen das Baath-Regime im Irak alles Gute zu
wünschen, im Interesse Israels und im Interesse der Bewahrung einer
Möglichkeit für eine kommunistische Revolution.
In diesem Sinne richtet sich unser Nie wieder Deutschland auch
gegen die deutsche Friedensbewegung, Hussein und die UNO und stellt sich
zugleich hinter Israel und die USA.
Nie wieder Deutschland!
Leipzig, den 3. Oktober 2002
Antideutsch-Kommunistische Gruppe Leipzig
kontakt@akg-leipzig.info
Fußnoten:
(1) Ziemlich dämlich z.B., dass gerade an dem Tag der deutschen
Einheit die Fahnen derer vom Demonstrationsbündnis unerwünscht sind,
die Deutschland vor sechzig Jahren niederrangen und damit auch die heutige
Demonstration ermöglichten.
(2) Wer uns an dieser Stelle des Rassismus bezichtigt, ist selbst in
völkischer Ideologie verhaftet. Denn Kultur und Mentalität sind, weil
gesellschaftlich hergestellt, kritikabel und nicht etwa dem Menschen
schicksalhaft eingeschrieben.
(3) Manche Linke nennen diese Interessenpolitik Imperialismus. Das ist
uns übrigens ziemlich Wurst. Welche bürgerliche Nation vertritt ihre
Interessen nicht? Hier geht es nicht um die Intention, sondern um das Resultat.