Gegen die antiamerikanischen Aufmärsche in deutschen Städten!
Die guten deutschen Menschen, die es anläßlich des Besuches des
Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu zehntausenden gegen die
USA auf die Straße treibt, können einmal mehr stolz sein auf ihr
Land. Seit mitte Mai dieses Jahres hat Deutschland als erstes Land der EU einen
grundgesetzlich verbrieften Tierschutz in seiner Verfassung. Und damit ist es
an Menschlichkeit und Humanität dem Rest der Welt weit voraus. Zwar hat es
in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Staaten bisher noch
nicht mit der Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes zum Schutze der
Menschen geklappt, aber was solls: Hut ab vor dieser tierischen Leistung
das sollen die Amis mit ihrem Kuhjungen und Umweltsünder Bush erst einmal
nachmachen.
Von Bitburg 1985 ...
Als im Mai 1985 der damalige US-Präsident Ronald Reagan
anläßlich seines BRD-Besuches von der Regierung Kohl dazu
genötigt wurde, an den SS-Gräbern von Bitburg die 1982 von der
CDU/CSU-Regierung beschlossne geistig-moralische Wende der
Versöhnung als Vergangenheitsbewältigung mit zu legitimieren, war die
Grenze zwischen Tätern und Opfern notgedrungen auch für die
amerikanische Sichtweise ins Wanken geraten. Der große Sieg der Deutschen
1985 bestand in der Gleichsetzung von Opfern und Tätern: den Opfern der
Deutschen wurde genauso gedacht wie den Tätern selbst. Diese Zäsur im
deutsch-amerikanischen Verhältnis, der Verschiebung der
Sieger-Besiegten-Konstellation besiegelte das Ende der US-amerikanischen
Reeducation das jahrzehntelange Unterfangen der Erziehung der Deutschen
zu Menschen.(1)
Die damals in Bitburg dagegen protestierten, waren nur wenige. Und unter diesen
wenigen waren nur sehr wenige Linke mit deutschem Paß. Die Mehrzahl der
Demonstranten, die gegen die Ehrung von SS-Schergen demonstrierten, waren
deutsche, israelische, französische und amerikanische Juden.
Dieses Ereignis war eines von so vielen, bei dem eine deutsche Linke
kläglich versagte, deren jugendlicher Anspruch angeblich darin bestand,
die deutsche Tätergeneration grundlegend von unten her aufmischen zu
wollen. Anstatt jedoch gegen die Entsorgung deutscher Verbrechen, demonstrierte
man zur Freude von NS-Mami und NS-Papi in schlechter neu-linker Tradition in
jenen Mai-Tagen, an denen sich die Zerschlagung der deutschen
NS-Volksgemeinschaft durch die alliierten Truppen zum vierzigsten Male
jährte, einmal mehr gegen den US-Imperialismus, über den
man sich ohnehin seit dem Vietnam-Krieg einig war: er galt in Deutschland
konsensual als etwas Schlimmeres als die eigenen Verbrechen.
Gib Amis keine Chance! So legitimierten sich die Demonstrationen
auf Deutschlands Straßen gegen die Springer-Presse und für Mao Tse
Tung bzw. Ho-Chi-Minh: Die USA als internationale
Völkermordzentrale waren das Objekt, dessentwegen man weder
über die Leichen im deutschen Keller noch über den Strick im Land des
Henkers reden musste. Angesichts der Ereignisse von Bitburg und dem
offensichtlichen Versagen der Linken in Deutschland schrieb der amerikanische
Soziologe und radikale Gesellschaftskritiker Moishe Postone Mitte der 80er
Jahre an ebenjene deutsche Linke einen offenen Brief: Ich meine
natürlich nicht, daß sich die deutsche Linke nur um die deutsche
Vergangenheit kümmern sollte. Aber wenn Hunderttausende bereit sind, gegen
den amerikanischen Imperialismus zu demonstrieren, und nur ein paar Hundert
gegen die Rehabilitation der Nazi-Vergangenheit, denke ich schon, daß der
erste Anlaß instrumentalisiert worden ist. Auf dieser Ebene (und nicht
auf der Ebene der Rechtmäßigkeit der Sache selbst) reproduziert die
Linke diese in Deutschland weit verbreitete Denkart, die immer wieder versucht,
den Nazismus zu entschuldigen. (...) Der Punkt ist, daß Ihr Deutsche
seid, und daß wenn Ihr nicht die Verantwortung übernehmt,
Euch der Vergangenheit zu stellen auch Ihr mitschuldig seid an der
Übertragung und Reproduktion des Systems von Lügen und kollektiver
Verdrängung, das seit 1945 charakteristisch war weil die Deutschen
es versäumten, sich selbst zu befreien. (...) Es gibt aber in der Tat nur
zwei Möglichkeiten: Eine endgültige Versöhnung mit dieser
Vergangenheit oder aber der konstante, das heißt in fortwährender
Auseinandersetzung zu vollziehende Bruch mit ihr.
... nach Berlin 2002
Diese Worte stammen, wie gesagt, von 1985. Am 8. Mai 2002 nun fand eine
Veranstaltung in Berlin statt, die es vom deutschen Zeitgeist-Kaliber her
also ohne inzwischen nicht mehr nötige Quoten-Nichtdeutsche wie
1985 noch Ronald Reagan einer war gut und gerne mit der SS-Ehrung von
Bitburg aufnehmen konnte. Es fand eine inszenierte gesamtdeutsche Selbstfindung
statt, die noch 1985 undenkbar gewesen wäre: Es trafen sich der
sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhard Schröder und ein geistiger
Brandstifter, der schriftstellernde Paulskirchenredner Martin Walser, um mal
eben frei von der Leber weg locker-flockig über deutschen Patriotismus zu
schwadronieren. Ein Ossi der Wochenzeitung Die Zeit, Christoph
Dieckmann, der vor einigen Monaten erst in seinem Blatt über die Schuld
der Juden am Antisemitismus anläßlich des Jahrestages der
Reichspogromnacht vom 9.November 1938 öffentlich nachdachte, durfte
moderieren.
Es stand ohnehin nicht zu erwarten, daß Schröder an besagtem 8.Mai
in Berlin zwei Antisemiten mit seiner Klappe zu schlagen gedachte. Vielmehr war
der 8.Mai, der Jahrestag der deutschen Niederlage von 1945, für
Schröder Anlaß genug, mit beiden den Schulterschuß zu suchen.
Das allerdings war nicht den Skandal im deutschen Blätterwald wert. Und so
gerieten stattdessen andere ins Visier: Es waren wenige dutzend, einige
jüdische und einige wenige linke Organsiationen und Einzelpersonen, die im
Vorfeld gegen diesen symbolischen Schulterschluß Schröders mit dem
Salonantisemitismus aufbegehrten und dagegen protestierten. Es waren, kurz
gesagt, die üblichen Verdächtigen: jüdische und antideutsche
Nestbeschmutzer, die sowieso immer was zu meckern haben, weil sie entweder
undeutsch also jüdisch oder aber dem deutschen Selbsthass
verfallen also antideutsch sind.
Die Versöhnung der Deutschen mit sich selbst
Diese jüdischen und antideutschen Störenfriede, die nur als
lästige Gralshüter des Tabus wahrgenommen werden, gelten der
deutschen Öffentlichkeit gemeinhin als Spielverderber und Miesepeter: nur
weil ein Deutscher sagen will, was er denkt, wollen sie ihm einen Maulkorb
verpassen. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 8.Mai 2002 brachte
dieses gängige deutsche Kollektiv-Schema der Historisierung so zum
Ausdruck: ... Auf Gesinnungshygiene (...), auf die Verfügungsgewalt
darüber, wer in Fragen der Nation mitreden darf und was dabei gesagt
werden darf, läuft die Attacke gegen diese Veranstaltung hinaus. Am
8.Mai 2002, dem Tag der großen symbolischen deutschen Versöhnung von
Politik (Schröder), Geist (Walser) und Ossitum (Dieckmann) waren es knappe
150 Spielverderber, die in Berlin im Sinne der SZ Gesinnungshygiene am
Veranstaltungsort betrieben, in dem sie gegen diese ungeheuerliche Inszenierung
schlechten deutschen Geschmacks protestierten.
Nur wenige Tage später, als der Präsident der Vereinigten Staaten von
Amerika der deutschen Hauptstadt Berlin mit einem Arbeitsbesuch seine
Aufwartung macht, sind die Straßen voll von Anti-Bush-Demonstranten.
Zehntausende sind es. Wo nur waren sie am 8.Mai 2002, als deutsche
Repräsentanten ein weiteres unglaubliches Kapitel der
Selbstversöhnung der Deutschen mit ihrer verbrecherischen Vergangenheit
besiegelten?
Der Hass auf die USA und das deutsche soziale Gewissen
Spätestens seit dem antisemitischen Massaker vom 11. September ist
klar: es hat sich, was die deutsche Linke und ihre Verdrängungsleistung
betrifft, nichts, aber auch gar nichts geändert, seit Moishe Postone
seinen offenen Brief formulierte. Es ist dieselbe Grund-Konstellation: der Hass
auf die USA ist das ideologische Öl dafür, daß die eigene
kollektive deutsche Opfermythologie wie geschmiert funktioniert. Die kollektive
Projektionsleistung, quasi den Amerikanern das eigene Versagen vorzuwerfen
sei es als Linke, als Deutsche oder beides zusammen, sei es in punkto
Massenkultur, Wirtschaft, Politik oder militärischer Stärke, ist das
identitätsstiftende Band zwischen den deutschen Generationen. So
gönnt man den USA insgeheim weder den Sieg über die Deutschen noch
ist man geneigt, ihnen den Marshall-Plan von 1948 nachzusehen. Wenn ein
Deutscher auch sonst nichts weiß, sei er nun links, rechts, bunt oder
braun, so weiß er doch, daß die Amis nicht alle Tassen im Schrank
haben können und ein durchgeknalltes Völkchen von Egozentrikern und
Selbstdarstellern sind. Man haßt die Amerikaner für den Egoismus,
daß sie zuerst an sich selbst denken und meinen, damit sei an alle
gedacht. Dagegen hat sich der Deutsche im Verzicht in der Askese
zu bewähren. Er hat sich dem Staat als Knecht zu unterwerfen. Sozial
diese Kategorie ist unter Deutschen von ganz links außen bis ganz
rechts die des Staatsgehorsams, der Staatsdienerei. Und wer in Deutschland den
Staat nicht als Lösung denkt, denkt nicht volksgemeinschaftlich. Und wer
nicht Volksgemeinschaft denkt, denkt an sich. Und wer an sich denkt, denkt
amerikanisch. Und wer amerikanisch denkt, gilt per se als unsozial. Und wer als
unsozial gilt, kann kein guter Deutscher sein. Diese nationale Binnenlogik hat
schon Karl Marx als deutsche Ideologie benannt und zutiefst verachtet. Denn er
wußte um ihre Gefährlichkeit und wie sehr sie zum weltweiten
deutschen Exportschlager taugt: Man gaukelt sich von links vor, daß diese
Welt keine Ware sei, ohne die Marxsche Kritik der politischen
Ökonomie überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Man haut sich gegenseitig
die Taschen mit der ideologischen Lüge voll, daß eine andere Welt
möglich sei, ohne auch nur einen Gedanken an den grundlegend
selbstzweckhaften Charakter kapitalistischer Vergesellschaftung zu
verschwenden. Stattdessen soll der Staat alles das richten und sei es in
Form multilateralen Völkerrechts- oder internationaler
Menschenrechtsinstitutionen , was man objektiv betrachtet
gar nicht richten kann: Denn Kapitalismus ist keine Veranstaltung des guten
oder schlechten Geschmacks, keine Böswilligkeit einer herrschenden Clique
oder eines durchgeknallten Texas Cowboys, sondern ein gesellschaftlicher
Zustand, der die Menschen nur als Mittel versteht, nicht aber als Endzweck der
Produktion. Die Menschen sind nichts als variable Waren und damit so
warenförmig wie jeder x-beliebig produzierte Gegenstand. Und es geht nur
um eines: darum, aus Geld mehr Geld zu machen diesem Zwang kann
sich niemand, ob nun Nazi, George W. Bush, Osama bin Laden, Noam Chomsky,
Jassir Arafat, Fidel Castro, Lieschen Meier oder gar der Papst, grundlegend
entziehen.
Es geht also im Kapitalismus gerade nicht darum, Menschen der Ausbeutung wegen
auszubeuten, verhungern zu lassen, zu morden oder sonst was. Herrschaft im
Kapitalismus ist nicht persönlich, sondern ein abstraktes und anonymes
Prinzip. Das allerdings kann man nur verstehen, wenn man um die drei Bände
des Kapitals von Karl Marx keinen Bogen macht. Wer unter
Kapitalismus die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen als konkrete
Herrschaft von Menschen über Menschen behauptet, hat von objektiven
Gesellschaftsprinzipien im Kapitalismus ungefähr so viel Ahnung wie das
Schwein vom Uhrwerk. Denn das, was Marx als Kapital bezeichnet, ist nicht der
angehäufte Reichtum in Geld- und Warenform einiger weniger Bonzen und
Politiker also der Herrschenden , sondern Ausdruck eines
herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisses, dem alle Menschen auf
dieser Welt unterworfen sind. Eine Kritik der Gesellschaft, die sich das zur
Grundlage macht, läßt sich allerdings weder mit obskuren Begriffen
wie Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit oder Recht und Unrecht fassen. Wer sich
auf den Quatsch der Möglichkeit gerechter Verteilung einläßt,
ist verlassen und zwar von seinem kritischen Verhältnis zum
Kapitalismus.
Der Islamismus Faschismus neuen Typs
Heute, im Mai 2002, wie damals, zwischen 1944 und 1945 brüllen die Deutschen,
daß sie keine amerikanischen Militäreinsätze wollen. Heutzutage
gerade auch deshalb, weil man den USA nicht gönnt, daß sie aus der
Niederlage in Vietnam gelernt haben. Seit 1989 gibt es nur noch einen
zuverlässigen Garanten einer Weltordnung, der die Menschheit nicht im
völkischen Hauen und ethnisch reinem Stechen eines Alle gegen Alle
versinken läßt und überhaupt westliche Standards mittels
militärischer Stärke effizient verteidigen kann. Dieser Garant ist,
ob man das nun wahr haben will oder nicht, einzig und allein die USA. Nur
diejenigen, die ganz fest ihre westlichen Augen vor dieser Realität
verschliessen, können dies nicht begreifen. Eigentlich müsste man
sich nur vorstellen, was wäre, wenn islamistische Fundamentalisten
über die gleichen militärischen Mittel verfügten, wie die USA.
Die Welt ist kein multikultureller menschlicher Streichelzoo zur Freude
europäischer Pazifisten, Antiimperialisten, Friedensfreunde,
Globalisierungsgegner oder Antirassisten. Sie ist die Welt, in der eine
islamistische Massenbewegung den westlich-demokratischen Standards den Kampf
angesagt hat. Diese Massenbewegung gegen Verjudung,
Unzucht, Gottlosigkeit, Unzucht,
Verfall, und Dekadenz, die gerade von denen, die dieser
Tage gegen Bush demonstrieren, ignoriert, verharmlost, kleingeredet,
bagatellisiert wird, wächst von Tag zu Tag. Die Ursachen für dieses
Erstarken liegen jedoch gerade nicht darin, daß die USA zu Zeiten der
sogenannen Blockkonfrontation genauso wie ihr Gegenpart die Sowjetunion
übrigens auch nach dem Motto, daß der Feind meines Feindes
mein Freund sei, verschiedentliche obskure Gruppierungen hofiert und
unterstützt haben, sondern in der tatsächlichen Krisenhaftigkeit
einer kapitalistischen Weltgesellschaft, die den Islamismus als barbarische
antisemitische Ideologie aus sich heraus erzeugt. Der Islamismus ist ein
Faschismus neuen Typs, den es zu bekämpfen gilt. In diesem Sinne ist das
Vorgehen der USA gegen Afghanistan, der Sturz der Taliban und der Kampf gegen
den islamistisch-antisemitischen Terror zu begrüßen. Das heißt
zugleich, dass diejenigen, die partout nicht vom islamistischen Faschismus
reden wollen, in Zukunft vom Weltzustand schweigen sollten. Doch gegen derlei
emanzipatorische Gedankengänge haben sich all jene, die dieser Tage gegen
den Besuch des US-Präsidenten George W. Bush unter einem Motto wie
Wir wollen ihre Kriege nicht, Mr. President! Wir wollen überhaupt
keinen Krieg! demonstrieren, mittels antiamerikanischer Ideologie immun
gemacht. Anti-Amerikaner outen sich dieser Tage verstärkt durch zweierlei.
Zum einen können sie nicht laut und oft genug betonen, daß ihre
Kritik der US-Politik nichts mit Antiamerikanismus zu tun habe und zum anderen
werden dieselben Personen allenthalben beteuern, daß Kritik an Israel
nicht mit Antisemitismus zu verwechseln sei. Dagegen läßt sich nur
eines festhalten: wenn Theodor W. Adorno den Antisemitismus als Gerücht
über die Juden bezeichnete, dann drückt sich der Antiamerikanismus im
Gerücht über die USA aus. Als Kommunisten fühlen wir uns der
notwendigen Selbstverteidigung Israels und dem Vorgehen der USA gegen die
Feinde westlicher Aufklärung verbunden. Denn unser Kampf und unsere Kritik
richtet sich gegen Antisemitismus, Staat und Kapital:
Gegen Deutschland! Für den Kommunismus!
Leipzig, den 22.Mai 2002
Antinationale Gruppe Leipzig (ANG)
Fußnote:
(1) Beispielhaft fiel der RAF zur Reeducation nur folgendes ein:
Kolonisierung ist der Begriff für das, was die US-Besatzungsmacht
nach 1945 in Westdeutschland gegen die Arbeiter durchgezogen hat ... Die
Besatzungsmacht trat der deutschen Bevölkerung in der Reeducation-Kampagne
nicht anders gegenüber als kolonialistische Eroberer der autochthonen
Bevölkerung eines besetzten Landes in der Dritten Welt. (zitiert
nach konkret 05/2002, S.37)